„Bist a Gefreiter!“

Vor den Kaisermanövern bei Kaplitz 1895 lag mein Regiment Landwehr Ulanen Nr. 6 in einem Dorfe an der Moldau in Böhmen. Es war Rasttag vor den größeren Übungen und da ich mich langweilte, damals junger Leutnant, ging ich auf die Moldaubrücke und sah dem Treiben der Fische zu, die sich unten in der Sonne tummelten. Nach kurzer Zeit gesellte sich ein Infanterist, ein echter Schurl aus der Wiener Vorstadt vom Regiment der Edelknaben (Anm. k.u.k. IR Hoch- und Deutschmeister Nr. 4), schiefe Kappe, Virginia hinterm Ohr, zu mir. Lehnte sich auch über das Brückengeländer und fing, ohne zu salutieren, ein Gespräch an.Da er mir in seiner temperamentsvollen Erzählung immer den Ellbogen unter „hörst“ und „pass auf“ in die Seite rammte, wurde mir die Sache endlich zu dumm und ich gab meinem Unwillen mit den Worten Ausdruck: „Kerl, stoß nicht und salutiert hast auch nicht!“ Worauf ich prompt die Antwort erhielt: „Tu dir nix an, bist eh nur a Gefreiter!“Ich hatte statt der Offizierskappe die rote Lagerkappe auf, ließ ihn bei seiner Meinung und zog lachend von dannen.Erzählung von Oberst d.R. Ing. Wilhelm Kwisda (Welser Landwehr-Ulanen-Rgt. Nr. 6).